Interview 7: Jang der Blanen (52), 240.000 € Nettovermögen, Lagerist

Interview 7: Jang der Blanen, Lagerist

Das Interview

1. Woher kommst du ursprünglich? (Ort / Region / Land / Stadt)

Ich bin gebürtiger Luxemburger und lebe auch jetzt noch immer in Luxemburg.

2. Aus welchem Elternhaus stammst du? (finanzielle Verhältnisse, Geschwister, Bildung, Wohnsituation, Mindset etc.)

Mein Vater ist in jungen Jahren aus Italien nach Luxemburg gezogen, als Gastarbeiter, um in der Stahlindustrie zu arbeiten, und meine Mutter war eine “typische” Hausfrau und hat sich um mich und meine 6 Geschwister gekümmert.
Als Alleinverdiener mit 7 Kindern war am Ende des Geldes eher wenige Tage noch übrig als umgekehrt, und doch habe ich mich nie als arm gefühlt, sondern eher sparsam.
Als Kind habe ich in einem großen Haus gewohnt, welches meinen Eltern gehört und es wurde uns Kindern beigebracht, mit den auf neu-deutsch Ressourcen zu haushalten.

3. Wie alt bist du und dein Partner? Wie lange seid ihr schon zusammen? Hast du Kinder? 

Ich lebe mit meiner gleichaltrigen Partnerin (52 Jahre) in ihrem Haus mit ihren 2 jugendlichen Kindern zusammen. Selbst habe ich eine Tochter aus meiner vorherigen Ehe, die im Ausland lebt und studiert.

4. Wo und wie lebst du / ihr jetzt? (Stadt oder Land, Region, in Deutschland oder im Ausland, Perpetual Traveller?)

Wir wohnen in einer kleinen Stadt / größeres Dorf, eine halbe Stunde von der Hauptstadt entfernt in dem Haus meiner Lebenspartnerin. Dort pendeln wir dann täglich zur Arbeit, meine Partnerin mit dem Wagen und ich mit dem Öffi und Rad.

5. Welchen höchsten Bildungsabschluss hast du / ihr und welchen Weg dahin hast du / ihr genommen und warum?

Ich habe den Realschulabschluss und meine abgebrochene Lehre als Lagerverwalter über ein Fernstudium-ähnliches-System vor 15 Jahren zu Ende gebracht. Als Jugendlicher war ich der Typ Spätzünder mit vielen Komplexen und die Schulzeit war okay aber nicht berauschend. Ich hatte es geschafft, auf eine BWL Klasse zu kommen aber durch meine Unsicherheit und Komplexe nicht den Ehrgeiz gehabt, es durchzuziehen. Irgendwie bin ich dann nach paar Irrungen übergegangen, eine Lehre als Verkäufer anzugehen. – „Da bist du wenigsten nicht draußen auf der Strasse” und „Körperlich bist du ja auch nicht kräftig” waren dann meine Guideline.

New York
New York

6. Was machst du / ihr beruflich? Welche Aufgaben hast du? Würdest du deinen Job weiterempfehlen? (Falls du schon Privatier bist, gerne auch, was du früher gemacht hast und wie du jetzt deine Tage gestaltest)

Ich arbeite als Lagerverwalter, es ist das, was ich mein ganzes Arbeitsleben getätigt habe. Es ist sicherlich kein Traumjob und auch nicht herausfordernd. Aber wenn das Umfeld stimmt, kann es doch interessant sein, wenn man sich einbringen kann und auch gefördert und gefordert wird. Wie gesagt, es war ein Plan B, und einen Plan A gab es nicht. Man muss halt was arbeiten, daher mehr Pflicht als Erfüllung.

7. Wie hoch ist dein / euer Haushaltsnettoeinkommen pro Jahr? Wie hat es sich in den letzten Jahren entwickelt? Gibt es noch Steigerungsmöglichkeiten?

Das Netto-Einkommen im Haushalt beträgt ca. 94.000 Euro. Es hat sich in den Jahren stetig in kleinen Schritten gesteigert. Jetzt ist aber das Ende der Fahnenstange erreicht. Den Großteil des Einkommens tue ich leider nicht beitragen, dies macht nur ca. ⅓ aus. Es wichtig zu wissen, dass ich in circa 5 Jahren in Pension gehen kann und meine Lebensgefährtin noch 2-3 Jahre weiter arbeiten wird, wegen Abbau des Kredits zur Finanzierung des Hauses.

8. Wie viel gibst du / ihr im Jahr wieder aus und für was?

Die Tatsache, dass ich aus einem Elternhaus komme, wo man mit dem Geld zu haushalten hatte, hat mich gelehrt mich nach meiner Decke zu strecken. Dies bedeutet, dass ich mich immer im Rahmen meiner finanziellen Möglichkeiten gehalten habe.
Die Aufteilung sieht folgendermaßen aus: 

ABO FIX: 200,00 €
LIVE FIX: 1.200,00 €
VACATION: 300,00 €
INVEST: 500,00 €
Cash: 300,00 €
Gesamt: 2.500,00 €

Life Fix ist, was ich Fixkosten nenne. Hier befindet sich der Beitrag, den ich in den Haushalt beisteuere, mein Teil-Sponsoring des Studiums meiner Tochter, sowie der Aufbau des Notgroschen. Auch wird hier für Abos und Versicherungen Geld eingeplant sowie für den Unterhalt meines Wagen.
Vacation, nun ist Geld, welches ich für den Urlaub beiseite lege. Ich reise sehr gerne und viel.

Invest, ist, wie der Name es verrät, die Geldmenge, welche ich investiere.
Cash ist das Geld, das ich mir im Monat zugestehe, auszugeben. 

All dies ist jetzt keine absolute Disziplin welche gegebenenfalls angepasst werden kann und wird. Es ist mehr als Richtung zu verstehen, die ich jeden Monat aufs Neue anvisiere. Es kann aber sein, dass ich weniger investiere oder halt mehr, je nachdem wie der Monat verläuft.

9. Schränkst du / ihr dich ein, um schneller Vermögen aufzubauen? Wenn ja, wo und wie?

Ich tue mich schon irgendwie “einschränken” aber sehe es nicht als solches. Wie gesagt, wenn ich mehr „CASH“ benötige, dann wird umdisponiert. Ich bin schon sparsam, aber es fühlt sich nicht als Einschränkung an. Ich esse während der Woche immer etwas, das ich von zu Hause mitbringe. Kaffee gibt es auf der Arbeit und ich trinke Leitungswasser / Tee. Dies ist “normal” für mich, aber genauso gönne ich mir fast jedes Wochenende ein Abendessen in der Gastronomie oder gehe gelegentlich mit den Arbeitskollegen raus. 
Wie anfangs bemerkt, fahre ich mit den öffentlichen Transporten zur Arbeit, welche im ganzen Großherzogtum kostenlos sind, da ich ideale Verbindungen habe. Im Sommer benutze ich dann mein E-Bike (Anmerkung Finanznomade: Die Kosten eines eBikes). Ich könnte auch den Wagen nehmen, aber das würde dann Kosten (Parking, Verschleiß, Sprit) und Verkehrsstress bedeuten. Wenn mir aber danach ist mein Auto zu nehmen, dann tue ich es, aber es bleibt eine Ausnahme. Meine Freizeit aktiv sind dann eben Radfahren und Wandern im Sommer, im Winter genieße ich aber genauso wöchentlich in die Sauna zu gehen, welche ich mir dann gerne leiste. Immer wenn ich Urlaub habe, bin ich weg, aber ich bin dann auch preisbewusst und baue mir meine Urlaube selbst zusammen, Stichwort, Ryanair und Airbnb und außer Saisonal.

10. Wie hoch ist dein / euer Nettovermögen? Habt ihr Verbindlichkeiten / Kredite?

Meine Asset Allocation beträgt ungefähr 220.000 €. Schulden habe ich keine. 
Ich habe noch eine Lebensversicherung wo ich in später noch circa 20k ausbezahlt bekomme. 

Angkor Wat
Angkor Wat

11. Wie verteilt sich das Vermögen? In was bist du / ihr investiert? Welche Gedanken hattest du bei dieser Aufteilung?

Mein ganzes Vermögen ist all in. Bedeutet, dass ich zu 90% in Aktien investiert bin. Die restlichen 10% sind auf P2P Krediten, Bitcoin und noch geringen Teil in Alternative Investment (Timeless) verteilt.
Ich bin ein gutes Beispiel wie man es nicht machen sollte. Ich habe keine Strategie gehabt, ausser Buy and Hold. Die Aktien wurden nach Gutdünken gekauft, was man so auf den verschiedenen Internet Seiten oder Youtube Influencer hört. Einfach kein Plan gehabt, mir die verschiedenen Argumente angehört und dann eventuell als Gutgeheissen und rein ins Portfolio 🙂 Ich habe so manchen Schrott gekauft, China-Aktien a la Alibaba und Tencent oder auch bei einer Wirecard war ich dabei. Was ich aber in meine Augen schon mal richtig gemacht hatte, war nur jeweils kleine Teile zu kaufen und auch recht diversifiziert. Ich behalte einfach alles was ich gekauft habe und warte ab, ob meine Looser eventuell doch noch zurückkommen. Wenn nicht für mich, dann halt für die Erben. Ja ich weiss, Opportunitätskosten Optimum ist das nicht…
Eigentlich weiss ich jetzt ganz sicher was ich möchte, und zwar alles in ein Welt ETF und gut ist. Ich werde auch peu a peu umschichten, so dass ich 90% von den Aktien in den ETF umwandle und dann eine Core-Satellite Strategie fahre, weil es mir einfach Spass macht, mit den Aktien rumzuzicken 😉

Hier eine kleine Erklärung, wieso man so einen Mist baut. Ich hatte gerade das ganze Cash und wollte investieren, hatte mich aber noch nicht richtig damit auseinandergesetzt, wollte erstmal dabei sein. Es war gerade nach dem Corona Crash und hatte einfach erstmal Glück diesen Aufstieg mitzugehen. Erst später habe ich mir einiges an Wissen beigebracht und bin klarer ETF Believer und predige dies auch. Auch war es nicht so einfach aus dem Ausland in Deutschland einen Broker zu finden, den Neo Broker gibt es für uns erst seit paar Monaten. 

Ich sollte eher langsam anfangen auf die sichere Seite zu wechseln und mein Risiko runterfahren, aber ich bleib voll investiert, weil ich das Risiko eingehen kann. Denn selbst wenn alles weg wäre, könnte ich immer noch glücklich leben. Und ich froh bin, wenn das Geld weiterarbeitet für mich. Ich kann ja dürre Perioden aussetzen.

12. Gibt es ein Vermögensziel? Oder ein Einkommensziel? Wenn ja, wann soll es erreicht werden und warum?

Ja, wenn ich die halbe Million erreichen würde, wäre es toll, aber es wird nur die Hälfte, dann ist es auch gut. Alles extra zum Renteneintritt wird gerne genommen. Wie gesagt, ich komme klar mit meinen aktuellen Einkommen. Wenn die Finanzierung von der Ausbildung meiner Tochter beendet ist, und ich weniger Geld in die Investitionen einspiele, werde ich für meine Verhältnisse mehr Geld zur Verfügung haben, als das, was ich aktuell brauche. Ich werde mein Vermögen dann so in circa 10 Jahren aufbrauchen wollen, bzw., es sollten so 2.000 € / Monat sein, dies ohne Kapitalverzehr. 
Ich werde aber dann entscheiden, ob das genug ist oder zu viel. Oder ob ich nicht doch, wenn nötig, eine Zeit lang Kapitalverzehr mache. Ich bin flexibel. Wie gesagt, wären 1.500 – 2.000 € extra für mich Top.

13. Wie sieht dein bisheriger Lebensweg aus? Was waren die großen Stationen?

Ich habe mein Arbeitsleben immer als Arbeiter gearbeitet. Karriere war für mich ein Fremdwort. Ich hätte schon ein bisschen mehr erreichen können, aber ich war nie sehr mutig (großer Fehler) und habe Risiken gescheut. Ich kann mich aber auch nicht beklagen über mein Leben, habe alles bekommen, was ich wollte. Eine Familie, ein Kind, gute Menschen um mich herum und meine Freizeit gut ausgenutzt.
Ich habe während 10 Jahren in großen deutschen Unternehmen gearbeitet, wo wir auch mal Aktien zu einem Vorzugspreis erhalten haben. Leider hat es bei mir nicht Klick gemacht und ich habe so bald wie möglich wieder verkauft und mich gar nicht um die Aktienwelt weiter informiert. (Es gab aber damals aber auch keine Internet Kultur über Finanzen wie heute.)

14. Wohin willst du dich in den nächsten Jahren entwickeln? (Finanzen, Persönlichkeit, Umfeld, Mindset etc.) Was treibt dich dazu an?

Zum Rentner 😉
Also ich denke, ich bin finanziell gut aufgestellt und meine Einstellung ist eine positive. Die letzten Jahre auf der Arbeit machen mir sehr viel Spass und ich genieße es noch, Arbeiten zu gehen. Ich passe auf, dass ich Kontakt zu meinen Freunden halte und gebe Acht auf meine Gesundheit. All dies hat zum Ziel, am ersten Rententag ins Flugzeug einzusteigen und nonstop zu reisen, bis ich es nicht mehr mag. Das ist mein großes Ziel.

Südafrika

15. Wie reagiert dein Umfeld auf deine Pläne? Kennt es diese überhaupt?

Ich bin eher verschwiegen und da ich ja erst zur Rente meine Weltreise machen werde, ist das jetzt kein großes Wagnis, wie es wohl eher für die meisten jungen Menschen hier im Blog ist, die doch eher FIRE erleben möchten. 

16. Was waren deine größten Fehler und deine besten Erfolge bisher?

Wie gesagt, ich würde nie wieder einzelne Aktien als Hauptinvestition tätigen, sondern eine Core Satellite Strategie fahren. Ich habe einfach viel Geld verbrannt, weil ich keinen Plan hatte und auf gut Glück investiert habe. 
Ich bin aber froh, überhaupt “etwas” gemacht zu haben. Ich habe schon jetzt mein Geld vermehrt und weiß wie es gehen soll, was ich gerne anderen Menschen mitteile. 

Ich bin sehr froh, meinen Notgroschen aufgebaut zu haben und sogar die Basis für späteres Mehreinkommen. Ich habe das Gefühl gut gekannt, wenn man finanzielle Sorgen hat und diese nicht mehr hat. Deshalb habe ich meinen normalen Standard auch jetzt immer knapp bemessen um mit diesem Gefühl zu spielen und zu wissen wenn es am Ende des Monats doch eng wird, man sich selber daraus helfen kann. 
Deshalb ist es sehr wichtig den Notgroschen als erstes aufzubauen, und später hat man Zeit, um seine Zukunft etwas aufzubauen.

17. Hast du Fragen an die Community?

Meine Frage an die Leser des Blogs ist, ob meine Vorgehensweise des Investierens, die auf den ersten Blick chaotisch klingt, doch nach außen hin einen gewissen Sinn zu erkennen gibt, bzw. ob es anderen auch so ergangen ist, bis Sie erstmal selbst eine Strategie erarbeitet haben. 

18. Willst du der Community abschließend noch etwas mitgeben / mitteilen?

Wenn ich es mir erlauben darf, dann empfehle ich, dass man nicht verbissen an die Sache geht…
Klar sollte man einen Plan haben und Ziele, aber noch wichtiger ist anfangen. Auch sollte man am Anfang vorsichtig und konservativ vorgehen und nur peu à peu mit wachsenden Erfahrungen mehr den Regler Richtung Risiko/Rendite gehen. 
Ein großer Notgroschen, der sicher angelegt ist, sollte immer vorhanden sein. Dann sollte man im Kopf das investierte Geld schon sehr weit aus seinem Bewusstsein entfernen und nur als vages Etwas ansehen, bis dann der Zeitpunkt kommt, wo man am Ziel-Termin oder Betrag erst wieder in den Fokus kommt.

Die Bonusfrage

Verfolgst du die Dividenden-Strategie? Bzw. sind Dividenden für dich wichtig im Vermögensaufbau und in wenigen Jahren in der Entnahmephase?

Nein, nicht explizit. Aber ich kann das sehr gut nachvollziehen, dass dies eine interessante Strategie ist. Ich habe ein gemischtes Aktienportfolio und freue mich auch über manche Dividendenauszahlung, aber ich habe keine Probleme damit, in der Entnahmephase zu verkaufen. Dies werde ich aber dann flexibel angehen, und zwar nach Marktlage, da ich nicht angewiesen bin, mir eine stetigen Betrag auszuzahlen.


  • Du willst eine finanzielle Frage geklärt haben?
  • Du fühlst dich wohler, wenn dich jemand an die Hand nimmt?

DerFinanznomade

Das war das Interview mit Jang der Blanen. Herzlichen Dank, dass du deinen bisherigen Lebensweg, Bilder aus deinen Urlauben und deine Erfahrungen mit der Community teilst!

Hier haben wir ein super Beispiel dafür, dass es nicht eines überproportional großen Einkommens bedarf, um sich selbst ein schönes Vermögen zu erarbeiten. Stand jetzt hat Jang eine Sparquote von ca. 20 %. Dabei fehlt es ihm an nichts. Durch kluges Investieren an der Börse (sogar inklusive einigen Fehltritten) ist es ihm gelungen, knapp eine Viertel Million an Vermögen anzuhäufen. Ich wünsche dir viele schöne Erlebnisse auf deinen Reisen in deiner bald anstehenden Rentenphase!

Hier auch noch von meiner Seite Glückwunsch zum Erreichten! Du wirkst sehr reflektiert und ausgeglichen auf mich. Darauf kannst du besonders stolz sein!

Und jetzt die Community

Hast du Fragen an Jang der Blanen? Wünscht du dir noch mehr Details?

Möchtest du gerne Tipps an Jang der Blanen weitergeben?

Lass es uns in den Kommentaren wissen!


Interview beim Finanznomaden

Jeder Mensch ist anders – die persönlichen Lebenswege ebenfalls. 

Lass die Community an deinem persönlichen Weg teilhaben und mach mit beim Interview auf DerFinanznomade.de!

Weitere Infos und die Fragen findest du hier.


Ich beschäftige mich seit 2015 mit den Themen Finanzen, Frugalismus, Lebensführung und der Frage, wie man ein erfülltes Leben führt. Die finanzielle Unabhängigkeit habe ich schon erreicht. Jetzt geht es darum, mein Wissen zu teilen und anderen zu helfen, ebenfalls ein erfülltes Leben zu führen.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert