Das große Update zur PV-Anlage
Im September hatte ich ja einen Artikel zu meiner PV-Anlage gepostet, der rege Rückmeldungen (als Kommentar direkt unter dem Beitrag und auch diverse Emails) produzierte. Du gelangst hier zu diesem Artikel: Mein größter Fehler: PV-Anlage anstatt MSCI-World
Dort hatte ich noch die desaströse Rendite der PV-Anlage angeprangert. Ein Leser hat mir daraufhin per Email das neue Jahressteuergesetz 2022 geschickt mit der Bitte, die Auswirkungen auf ein Investment in eine PV-Anlage zu beleutchten.
Wie sieht es also jetzt nach den neuen Besteuerungsgrundlagen aus?
Das Jahressteuergesetz 2022
Das JStG 2022 soll die Besteuerung von PV-Anlagen vereinfachen. Bisher wurden die Erträge aus der Einspeisung des Stroms und auch der Vergütung des Eigenverbrauchs per Einnahme-Überschuss-Rechnung mit dem persönlichen Einkommensteuersatz versteuert. Von den Einnahmen durfte man noch die Abschreibung der Anlage (5 % pro Jahr) abziehen. Hier waren viele Anlagen-Eigentümer dann auf die (kostenpflichtige) Hilfe eines Steuerberaters angewiesen.
Durch die sinkende Einspeisevergütung und die weiterhin hohen Kosten des Kaufs (vor allem, wenn ein Batteriespeicher mit dabei ist) blieb so gut wie kein Ertrag nach Steuer mehr übrig. Um die Attraktivität von PV-Anlagen wieder zu steigern wurde nun das Jahressteuergesetz 2022 verabschiedet.
Die Änderungen im Detail
- völliger Wegfall der Besteuerung der Erträge bei Anlagen bis 30 kWpeak auf Einfamilienhäusern und Nebengebäuden sowie Gewerbeimmobilien wie Garagenhöfen etc.
- völliger Wegfall der Besteuerung der Erträge bei bei anteiliger Bruttoleistung bis 15 kWpeak auf sonstigen Gebäuden (pro Wohn- / Gewerbeeinheit)
- Maximalgrenze von 100 kWpeak pro Steuerpflichtigen (natürliche Person oder Kapitalgesellschaft)
- Abschaffung der Abschreibung (AfA) für die oben genannten PV-Anlagen
Die Änderungen werden ab 01.01.2022 wirksam, was bedeutet, dass auch schon rückwirkend für dieses Jahr höhere Nettoerträge zu erwarten sind.
Ab 01.01.2023 fällt auch die Umsatzsteuer bei Erwerb einer PV-Anlage (auch inkl. Speicher und Montage) bis 30 kWpeak von bisher 19 % weg. Damit muss der Betreiber in Zukunft nicht mehr die Regelbesteuerung anwenden (Vorsteuer bei Kauf wird vom Finanzamt erstattet, laufende Erträge werden vom Netzbetreiber Brutto ausgezahlt, der Betreiber muss Umsatzsteuer an Finanzamt abführen), sondern kann die Kleinunternehmerregelung in Anspruch nehmen und sich so Verwaltungsaufwand sparen, da damit die Erträge Brutto wie Netto ausgezahlt werden und somit keine Umsatzsteuer mehr mit dem Finanzamt verrechnet werden muss.
Auswirkungen auf die Rentabilität meiner PV-Anlage
Wie wir oben schon gesehen haben, fällt die Abschreibung (das waren ca. 1.050 € jährlich) weg, gleichzeitig müssen die Erträge nicht mehr mit dem persönlichen Einkommensteuersatz versteuert werden. Das wirkt sich dann folgendermaßen aus:
Bisher wurden aus 2.850 € Brutto nach Umsatzsteuerabzug und Abschreibung und Steuer 1.760 € Netto. 2022 werden daraus dann 2.395 € Netto. Das sind 635 € mehr! Nicht schlecht 😊
Ausblick bis Ende Einspeisevergütung
Die Einspeisevergütung erhalte ich noch bis 2031 (insgesamt 20 Jahre lang). Durch die Degradation der Module (natürliche Alterung mit daher sinkendem Stromertrag) gehe ich von durchschnittlichen Bruttoerträgen in Höhe von 2.300 € pro Jahr bis zum Ende der garantierten Vergütung aus. Das wären nun ca. 1.930 € Netto pro Jahr – vor dem Jahressteuergesetz 2022 wären es nur 1.426 € gewesen.
Insgesamt also noch 19.300 € Netto (2022 bis inklusive 2031). Sollten bis dahin keine Reparaturen (Wechselrichter oder Module) fällig werden, ergäbe sich ein Kapitalrückfluss von:
18.903 € Netto bisher + 19.300 € Netto prognostiziert = 38.203 € Netto Gesamt
Durch den Eigenverbrauch konnten bisher 4.516 € an Stromkosten gespart werden (0,30 € / kWh). Gehe ich von weiterhin etwa 1.500 kWh / Jahr für den Selbstverbrauch aus und setze dafür 0,45 € / kWh an ergibt sich eine prognostizierte Einsparung von 6.750 €. Mit diesen Zahlen würden wir dann folgende Rechnung erhalten:
38.203 € Nettoertrag + 4.516 € Einsparung bisher + 6.750 € Einsparung prognostiziert = 49.469 € Gesamt
Insgesamt würden sich damit folgende jährlichen Renditen ergeben:
Ohne Eigenverbrauch: 3,037 % (17.203 € Gewinn nach 20 Jahren bei Investment von 21.000 €)
Mit Eigenverbrauch: 4,377 % (28.469 € Gewinn nach 20 Jahren bei Investment von 21.000 €)
Vergleich mit und ohne Steueränderung
Zum Vergleich noch schnell die Renditen ohne die Änderung der Versteuerung:
Ohne Eigenverbrauch: 2,295 % (12.063 € Gewinn nach 20 Jahren bei Investment von 21.000 €)
Mit Eigenverbrauch: 3,818 % (23.429 € Gewinn nach 20 Jahren bei Investment von 21.000 €)
Also hat das neue Gesetz die Renditen um 32,33 % bzw. 14,6 % erhöht. Das lässt sich doch sehen!
Trotz der erheblichen steuerlichen Verbesserung ergeben sich jährliche Renditen von unter 4,4 % Netto, vor Inflation. Später im Artikel werde ich noch den Vergleich mit einer Anlage in den MSCI-World darstellen.
Auswirkungen auf neue PV-Anlagen
Wie im Vorgänger-Artikel schon in den Kommentaren angesprochen, will ich herausfinden, ob sich aktuell der Bau einer PV-Anlage lohnt.
Momentan kostet das kWpeak ca. 1.400 – 1.600 € Netto, je nach Anlagengröße (Quelle und Quelle). Um einen guten Vergleich mit meiner 2011 gekauften PV-Anlage zu haben, gehe ich ebenfalls von 9,12 kWpeak aus. Damit läge der Gesamtpreis durchschnittlich bei 13.680 € Netto.
Dies hat auch gleich den Vorteil, dass die Anlage damit in die Stufe mit der höchsten Einspeisevergütung fällt. Die sind nämlich momentan so gegliedert (Quelle):
Anlagengröße kWpeak | Überschusseinspeisung Vergütung / kWh | Volleinspeisung Vergütung / kWh |
---|---|---|
0 – 10 | 8,6 Cent | 13,4 Cent |
10 – 40 | 7,5 Cent | 11,3 Cent |
40 – 100 | 6,2 Cent | 11,3 Cent |
100 – 300 | 6,2 Cent | 9,4 Cent |
300 – 750 | 6,2 Cent | 6,2 Cent |
Für den Eigenverbrauch gibt es seit 31.03.2012 keine Vergütung mehr. Die gezahlten Beträge pro eingespeister kWh bleiben für 20 Jahre konstant (Anmerkung Autor: Achtung, keine Inflationsanpassung!)
Berechnung
Damit wären schonmal die Rahmenbedingungen abgesteckt. Für die weitere Renditeberechnung gibt es nun zwei Möglichkeiten: Einmal mit Eigenverbrauch, dafür eine geringere Einspeisevergütung, und einmal ohne Eigenverbrauch, dafür mit hoher Vergütung.
Wir nehmen weiterhin, genau wie bei meiner Anlage, einen jährlichen Ertrag von 8.562 kWh an, davon 1.500 kWh Eigenverbrauch, der mit 45 Cent / kWh bewertet wird. Mit diesen Werten ergeben sich nun folgende Zahlungsströme:
mit Eigenverbrauch (Überschusseinspeisung) | ohne Eigenverbrauch (Volleinspeisung) | |
---|---|---|
gesparte Kosten Eigenverbrauch | 675,00 € | 0,00 € |
Vergütung Einspeisung | 607,33 € | 1.147,31 € |
Gesamt | 1.282,33 € | 1.147,31 € |
Damit dauert es dann ca. 10 – 12 Jahre, bis wir die Investitionskosten wieder bekommen haben. Geht man davon aus, dass in den folgenden 20 Jahren nach Kauf keinerlei Reparaturen notwendig werden und die PV-Module nicht an Leistung verlieren (was sie aber tun…) gibt es einen Kapitalrückfluss von 22.946 € beim Volleinspeiser bzw. 25.646 € beim Eigenverbraucher (und das auch nur, wenn die kWh im Schnitt wirklich 45 Cent kosten wird).
Rendite
Damit ergeben sich folgende Renditen:
Mit Eigenverbrauch: 3,192 % (11.966 € Gewinn nach 20 Jahren bei Investment von 13.680 €)
Ohne Eigenverbrauch: 2,620 % (9.266 € Gewinn nach 20 Jahren bei Investment von 13.680 €)
Man kann also jetzt schon sagen, dass die Renditen gegenüber Anlagen, welche in 2011 gebaut wurden, stark gesunken sind. Und zwar um 0,4 – 1,2 % jährlich, je nachdem, ob mit oder ohne Eigenverbrauch.
Kombination von PV-Anlage mit Batterie
Doch wie sieht es aus, wenn man sich zur PV-Anlage noch einen zusätzlichen Speicher kauft, um den Eigenverbrauch massiv zu erhöhen? Hierzu müssen wir uns erst einmal Gedanken machen, wie groß der Speicher sein sollte. Eine Faustregel ist, dass man pro jährlich verbrauchte 1.000 kWh einen Speicher mit 1 – 2 kWh haben sollte. In unserem Beispiel (die Anlage mit 9,12 kWpeak auf meinem Elternhaus) werden jährlich etwa 4.500 kWh verbraucht. Daher würde ich einen Speicher mit nutzbarer Kapazität von 10 kWh veranschlagen, um auch Haushalte mit Wärmepumpe anstatt Ölheizung zu berücksichtigen.
Die Kosten für so einen Speicher liegen bei 450 – 1.200 € pro kWh Kapazität (Quelle) – je nach Größe. Für einen 10 kWh-Akku wird ein Preis von 8.000 – 10.000 € veranschlagt – wir verwenden für die nachfolgende Berechnung 9.000 €.
Doch wie lange hält so ein Speicher? Angegeben werden von den meisten Herstellern zwischen 5.000 und 7.000 Voll-Ladezyklen und eine kalendarische Lebensdauer von 10 – 15 Jahren (Quelle). Wir gehen sehr gutmütig (oder blauäugig?) von 20 Jahren aus, in denen sich etwa 5.000 Ladezyklen (250 / Jahr) addieren. Als Wirkungsgrad werden 90 – 98 % angegeben, wir nehmen 94 % an. Der Wirkungsgrad gibt an, welchen Anteil von einer gespeicherten Kilowattstunde man wieder entnehmen kann (nach den Umwandlungsverlusten). Bei 94 % heißt das, dass aus 100 eingespeicherten kWhs 94 nutzbare werden.
Du hast die Vorteile des Lesens erkannt? Dann schau dir doch mal meine Buchempfehlungen an! Vielleicht ist ja etwas passendes für dich dabei…
Berechnung
Nun haben wir alle notwendigen Zahlen, um uns auszurechnen, was uns eine eingespeicherte und wieder selbst verbrauchte Kilowattstunde kostet.
9.000 € Kaufpreis / (5.000 * 10 kWh * 94 % Wirkungsgrad) = 19,15 Cent Kosten / kWh
Wenn wir von nur 10 Jahren Lebensdauer des Akkus ausgehen (bzw. etwaige Reparaturen als Kosten mit einrechnen), dürfte sich der Preis pro gespeicherter kWh in etwa verdoppeln, also dann 38,30 Cent kosten. Diesen Wert benutzen wir für das pessimistische Szenario.
Durch die Batterie-Lösung erhöht sich unser Eigenverbrauch von 1.500 auf 4.000 kWh pro Jahr. Damit erreichen wir fast vollständige Autarkie (wir müssen also kaum Strom vom Netzbetreiber abkaufen).
Welcher Zahlungsstrom ergibt sich nun damit?
optimistische Rechnung | pessimistische (oder realistische) Rechnung | |
---|---|---|
gesparte Kosten Eigenverbrauch | 1.800,00 € | 1.800,00 € |
Vergütung Einspeisung | 392,33 € | 392,33 € |
abzüglich Kosten Batterie / kWh | – 478,75 € | – 957,50 € |
Gesamt | 1.713,58 € | 1.234,83 € |
Je nachdem, ob man nun optimistisch oder eher pessimistisch rechnet, ergibt sich einmal ein Vorteil und das andere Mal sogar ein Nachteil durch die Batterie.
In meinen Augen ist übrigens das pessimistische Szenario realistischer, da Akkus meiner Erfahrung nach eher nicht so lange halten (20 Jahre) und zusätzlich in allen Berechnungen schon sehr hohe Stromkosten von 45 Cent / kWh enthalten sind.
Nichtsdestotrotz rechnen wir uns nun die Rendite von einer PV-Anlage mit Speicher aus.
Rendite
Es ergeben sich folgende Renditen:
Optimistisches Szenario: 3,351 % (21.166,60 € Gewinn nach 20 Jahren bei Investment von 22.680 €)
Pessimistisches Szenario: 1,638 % (12.166,60 € Gewinn nach 20 Jahren bei Investment von 31.680 €)
Gegenüberstellung der Renditen von PV-Anlagen
Wie sehen nun die Renditen der verschiedenen Möglichkeiten aus?
Szenario | ohne Batterie | mit Batterie |
---|---|---|
meine PV-Anlage Baujahr 2011 mit Eigenverbrauch ohne Batterie | 4,377 % | – |
PV-Anlage Baujahr 2022 ohne Eigenverbrauch | 2,620 % | – |
PV-Anlage Baujahr 2022 mit Eigenverbrauch | 3,192 % | 1,638 – 3,351 % |
Generell eher nicht so hohe Renditen, vor allem, da noch vor Inflation…
Vergleich mit MSCI-World
Wie sieht die Rendite einer PV-Anlage im Vergleich zu einem Investment in den MSCI-World aus? Der Index hat seit 1975 ca. 9 % pro Jahr an Rendite erwirtschaftet (Quelle). Das sind über 6 % nach Steuer. Wir rechnen aber der Einfachheit halber nachfolgend mit 6 %.
Damit der Vergleich so fair wie nur irgendwie möglich ist, habe ich alles auf 10.000 € Anfangsinvestment normiert. Die nachfolgende Grafik zeigt das Ergebnis nach 20 Jahren:
Jetzt kostenlos Mitglied werden!
Wie man sieht, hat zu jeder Zeit der MSCI-World die Nase vorne. Und bei dieser Berechnung ist noch nicht mal beachtet, dass innerhalb der 20 Jahre etwas an der PV-Anlage kaputt gehen kann und somit Reparaturkosten nach sich zieht, welche die Rendite noch weiter schmälert.
Fazit
Das Jahressteuergesetz 2022 hat erhebliche Steuererleichterungen für PV-Anlagen-Besitzer gebracht. Jedoch sind trotz dieser Erleichterungen die Renditen immer noch sehr gering im Vergleich zu der einfachen, aber effektiven Anlage in einen MSCI-World-ETF.
Von daher bleibe ich dabei, dass meine PV-Anlage mein größter (Anlage-) Fehler war.
Auch weiterhin ist eine Anlage an der Börse dem Investment in eine PV-Anlage vorzuziehen.
Und du?
Planst du derzeit, dir eine PV-Anlage anzuschaffen?
Wenn ja, mit oder ohne Batterie?
Wie siehst du das Thema Rendite?
Eine Frage die mir keiner beantworten kann. Muss ich eine PV Anlage, die im Dezember 2022 installiert wurde, dem Finanzamt melden?
Hallo Michael,
Vielen Dank für deinen Kommentar.
Nach kurzer Google-Recherche hätte ich folgendes für dich:
Bei Anlagen mit bis zu 30 kWp gilt seit 2023 allerdings eine Umsatzsteuer von 0%. Die Inbetriebnahme selbst gilt dennoch als Aufnahme einer solchen unternehmerische Tätigkeit und sollte dem zuständigen Finanzamt daher innerhalb des ersten Monats gemeldet werden.
Ich würde da einfach auf Nummer sicher gehen und die Anlage melden.
Außerdem muss man sie meines wissens in das Marktstammdatenregister eintragen.
Grüße,
Manuel